Video des Monats: Wolfgang Brendel über die Schuhindustrie in Pirmasens

Kulturlandschaftsobjekte gleichen den bunten Steinchen eines Mosaiks. Zuerst einmal steht jedes für sich, hat seine eigene Form, Farbe und Herstellungsgeschichte, was sich auf das Aussehen und die Biografie des einzelnen Objekts übertragen lässt. Dann aber ist es Teil eines größeren Ganzen, dessen Konturen erst dann sichtbar werden, wenn man einen Schritt zurücktritt und den Blick auf die Zusammenhänge lenkt.

Wie die Steinchen in einem Mosaik ergeben die einzelnen Objekte in KuLaDig ein großes Ganzes, wenn sie thematisch oder räumlich mit einander in Beziehung gesetzt werden (Bild: KI-generiert mit Adobe Firefly).

Ein schönes Beispiel bietet unser Teilprojekt in Pirmasens aus dem Projektjahr 2023, in dem die verschiedenen Orte der bedeutenden heimischen Schuhindustrie in KuLaDig erfasst wurden, in der zeitweise 22.000 Menschen in einer Stadt von 40.000 Einwohnern arbeiteten. Zu Beginn waren es einzelne Schuhe herstellenden Schuster, die zur Zeit des Landgrafen Ludwig IX. in kleinen Häuschen wohnten. Ein solches Häuschen hat sich in der Kaffeegasse bis heute erhalten.

Das kleine Wohnhaus in der Kaffeegasse in Pirmasens steht für die Anfänge der Schuhindustrie der Stadt. In solchen Häusern wurden die ersten Wollschuhe gefertigt (Bild: Stadtarchiv Pirmasens).

Dann gibt es die großen Schuhfabriken (beispielsweise die Firmen Kopp und Schön und Sandt), die im Zuge der Industrialisierung aufkamen und zu ihren besten Zeiten mehrere hundert Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigten. Sie produzierten Massen an Schuhen, die nicht mehr von den Schuhträgerinnen in die Region getragen und verkauft wurden, sondern mit Eisenbahn versandt und über die Post ausgeliefert. Das Leder der produzierten Schuhe stammte aus Gerbereien wie der Gerberei Gebrüder Fahr, die im Strecktal einen geeigneten Standort fand. Ein höchst wichtiges Glied in dieser Kette bildeten die Kreditinstitute, von denen wir exemplarisch das Bankhaus Schneider & Cie. In KuLaDig darstellen.

Historische Fotografie des späteren Geschäftshauses der Bank Schneider & Cie. in Pirmasens (1960er Jahre, Bild: Stadtarchiv Pirmasens).

Die Banken deckten den im ausgehenden 19. Jahrhundert anwachsenden Bedarf der Schuhindustrie an Krediten, denn Geld wurde dringend benötigt. Die technische Entwicklung in den maschinellen Herstellungsverfahren nahm rasant an Fahrt auf. Wer bei diesem Tempo nicht mehr mithalten konnte, wurde von der Konkurrenz ausgestochen.

Die Firma Eduard Rheinberger erwarb im Jahr 1941 eine Kolbendampfmaschine zur Energiegewinnung. Solche Maschinen aber mussten – teilweise durch Kredite der Banken – finanziert werden (Bild: Stadtarchiv Pirmasens).

Der Pirmasenser Gästeführer Dr. Wolfgang Brendel ist ein Experte zur Geschichte der Pirmasenser Schuhindustrie. Aus diesem Grunde haben unsere Studierenden ein Videoclip mit ihm produziert, in dem er einen Überblick über die wesentlichen historischen Daten und Entwicklungen anschaulich erläutert. Dieses Video möchten wir Ihnen als Video des Monats präsentieren:

Der Gästeführer Dr. Wolfgang Brendel erzählt von der Entwicklung der heimischen Schuhindustrie (2023).

Im Teilprojekt wurden noch weitere Videos produziert: eine Reenactment-Spielszene am Schusterbrunnen zum legendären Schuster Jos, ein Video mit der Gästeführerin Ute Jaquet Wagner zum Schicksal der jüdischen Kaufleute Eugen und Pauline Mandel und ein Video, in dem Dr. Wolfgang Brendel über die wichtige Rolle der Pirmasenser Bankhäuser für die Schuhindustrie erzählt. Darüber hinaus wurden für alle Stationen des Rundwegs durch die Pirmasenser Innenstadt Gamification-Elemente geschaffen, um ein spielerisches Annähern an das Thema zu ermöglichen und so ggf. auch jüngere Zielgruppen für das Thema zu begeistern, das die lokale Identität der „Pirmasenser Schlabbeflicker“ wesentlich geprägt hat. Nicht zuletzt wurde eine virtuelle 360-Grad- Tour durch das ehemalige Traditionsunternehmen Eduard Rheinberger erstellt, die mit Medien ausgestattet als eine Art virtuelle Ausstellungs- und Erlebnisfläche zum interaktiven Erkunden einlädt. Das Teilprojekt ist so gut wie abgeschlossen und lädt demnächst zum multimedialen und interaktiven Spaziergang durch die Geschichte der Schuhindustrie ein..

Hinterlasse einen Kommentar