Eines der kleinsten Objekte, das im Rahmen unseres Landesprojekts für KuLaDig erstellt wurde, misst nur etwas mehr als einen Quadratmeter, aber steht symbolisch für eine beeindruckende Geschichte: ein kleines künstlich angelegtes Kamillenfeld. Dieses befindet sich in der Gemarkung der Ortsgemeinde Sassen und ist eine von insgesamt sieben Erlebnis-Stationen, die durch die Verbandsgemeinde Kelberg im Jahr 2021 in Form eines Rundweges installiert wurden. Alle Stationen sind künstlerisch ansprechend durch Stahlskulpturen sowie Info-Tafeln ausgestaltet und jede Station erzählt eine kleine Episode aus dem Leben der Gertrud Feiler (ca. 1884-1964), genannt Kamillen-Traud.

Die „Traud“ stammte aus einer Kolverather Bauernfamilie. Durch den plötzlichen Tod des Vaters verloren sie und ihre Mutter den Hof. Beide lebten fortan als obdachlose Hausiererinnen in den Feldern und Wäldern der Vulkaneifel und sicherten sich den Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten und den Verkauf von getrockneter Kamille. Nach dem Tod der Mutter schlug sich Traud alleine durch, erlebte das Ende der Kaiserzeit, den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. Als sie in den 1960er Jahren starb, wirkte sie wie aus der Zeit gefallen. Die Vulkaneifel hatte sich immens gewandelt.

Blick von Sassen ins Heilbachtal mit seinen Wäldern und Feldern zu Trauds Zeiten (um 1920)
Im Jahr 2008 erschien der biografische Roman „Kamillenblumen“ von Ute Bales, in dem neben Trauds Leben auch der regionale Wandel mitskizziert wird. Diese literarische Grundlage wusste das kommunale Team um Andrea Meyfarth-Staub als regionales Kapital für die Arbeit mit KuLaDig zu nutzen. Gezielt wurden in unserem Teilprojekt Kelberg Ortsbezüge und historische Fakten zur Traud mit dem literarischen Stoff von Ute Bales verknüpft.
Das Ergebnis ist das sehr lebendige und berührende Porträt einer Frau, die durch ihre Schicksalsschläge zur identitätsstiftenden Person für die Vulkaneifel wurde. Die Erlebnis-Stationen appellieren demnach auch an die Gefühle und Sinne der Nutzer:innen: Das Kamillenfeld duftet, der Wald lädt zum Lauschen ein und der landwirtschaftliche Acker zum Nachempfinden der harten körperlichen Arbeit der Bauersleute. So wird bei einer schönen Wanderung durch die Vulkaneifel zugleich ein Stück Sozialgeschichte offenbar.
Über die KuLaDig-App wurde die Tour „Spuren der Kamillen-Traud“ verfügbar gemacht. Sie enthält viele Bilder und Audiodateien zur Traud. Zuletzt wurden mithilfe der Verwertungsförderung im Landesprojekt Audiodateien produziert, in denen Ute Bales Stellen aus ihrem Roman vorliest. Diese wurden zusätzlich noch in Eifeler Platt eingesprochen. So ist die Wanderung ein Erlebnis mit allen Sinnen.

Der Rundweg „Spuren der Kamillen-Traud“ wurde 2022 von Mitgliedern des Kelberger Teams Andrea Meyfarth-Staub (links) und Peter Burggraaff (rechts) und der Schriftstellerin Ute Bales (mitte) eröffnet.
Hier geht es zu unserem bald blühenden Objekt des Monats Mai: Station 3: Kamillenfeld in der Gemarkung Sassen.