Projektteam vor Ort: Beeindruckende Begehungen

In jedem Projektjahr ist die so genannte „Begehungswoche“ eine der wichtigsten Phasen im ganzen Prozess. Die Projektleitung und die studentischen Teams besuchen die Modellkommunen vor Ort, lernen die lokalen Teams leibhaftig kennen und erleben die ausgewählten Objekte aus eigener Anschauung. Gemeinsam konkretisiert man dabei die Rahmenthemen und Konzepte und bekommt Ideen, wie man die Orte und Geschichten medial am besten in Szene setzen kann.

In diesem Jahr machten die pfälzischen Kommunen den Auftakt. In Kirchheimbolanden im Donnersbergkreis war allen Beteiligten schnell klar, dass das Thema „Barockstadt Kirchheimbolanden“ bestens geeignet ist. Zum einen wird momentan der Barockgarten am Schloss aufwändig rekonstruiert, zum anderen kann man gleich nebenan in der Paulskirche die imposante Stumm-Orgel besichtigen, an der einst Mozart im Jahre 1778 spielte – auch aus Dankbarkeit, dass der Leibarzt der Fürstin ihn als Kind vom Typhus kurierte. Solche Geschichten sind es, die Kirchheimbolanden künftig mittels KuLaTour erzählen kann, zum Beispiel in einer 360-Grad-Präsentation der eindrucksvollen Hallenkirche.

Die zweite Station war Edenkoben in der Südpfalz. Hier hatte das lokale Team schon in der Bewerbung überzeugend dargelegt, dass ein Stationenweg auf den Spuren des Bayern-Königs Ludwigs I vom (im Krieg zerstörten) Bahnhof zum Schloss Ludwigshöhe ein tolles Rahmenthema bietet. Noch heute gibt es zahlreiche Zeugnisse aus der bayerischen Zeit der Stadt, etwa das frühere „Rentamt“, die von Ludwig mitfinanzierte Kirche oder das Hotel „Zum goldenen Schaf“, in dem der adelige Besuch bei den Festen des Königs abstieg. Neben der Route für Erwachsene soll aber auch ein kürzerer Weg im Zentrum gestaltet werden, auf dem das Wissen um die Königszeit kindgerecht und spielerisch vermittelt wird.

Am nächsten Morgen führte der Weg nach Kusel im Pfälzer Bergland auf die größte Burg der Pfalz, Burg Lichtenberg. Spannend bei diesem Teilprojekt ist, dass KuLaDig-RLP mit gleich zwei anderen Projekten zusammenarbeiten kann: Smart City und Trafo. Zusammen will man die Burg mit ihren vielen Bestandteilen und Geschichten multimedial aufbereiten, um das „Burgleben im Wandel der Zeit“ erlebbar zu machen. Der Vorschlag, die Burg in 360-Grad-Panoramen zu erfassen und die von den Projekten erstellten Medien (auch) darüber virtuell verfügbar zu machen, wurde nachdrücklich unterstützt. Neben der Geschichte der Burg sollen auch die beiden dort angesiedelten Museen erfasst werden, das Urzeit-Museum mit seinen wertvollen Funden und das Musikantenland-Museum, das zudem mit dem KuLaDig-RLP-Teilprojekt Mackenbach kooperieren kann.

Die vierte Station der Begehungsreise war Pirmasens tief im Südwesten des Landes. Hier dominierte einst die Schuhindustrie nicht nur das Stadtbild, sondern auch das Leben der meisten Einwohner. Heike Wittmer vom Kulturamt zeigte auch ihrer Führung eindrucksvoll, welch spannende und mitunter auch tragischen Geschichten sich um die Gebäude aus den vielen Jahrzehnten der Schuhproduktion seit der Gründung als Garnisonsstadt ranken. Sorgte diese mit zeitweise 300 Betrieben bis in die 1960er Jahre hinein für Arbeit und Einnahmen, so muss man heute den Strukturwandel meistern. Diese Geschichte wird nun in einer KuLaTour für Einheimische wie Gäste multimedial und teils spielerisch aufbereitet.

Am dritten Tag ging es an die Mosel, zunächst nach Moselkern. Der Ort ist schon seit langem von touristischer Bedeutung als Tor zur Burg Eltz. Vom Glanz des frühen Tourismus, an dem einst auch die Familie des Kaisers teilhatte. zeugen zum Beispiel noch der Bahnhof und das Hotel Burg Eltz. Das lokale Team möchte aber vor allem eine andere Geschichte erzählen: das Leben der Einwohner am und vom Elzbach, der in Moselkern in die Mosel mündet. Urig mit dem Planwagen ging es an die verschiedenen Stationen, an den von den Mühlen, vom Weinbau, von der Fischerei, den Gaststätten und vielem mehr erzählt werden soll. Höhepunkt war die ehemalige Wollfabrik, deren spannende Geschichten zwischen hartem Arbeiterleben und dem Wohlstand der Besitzer in der Villa nebenan multimedial aufbereitet werden soll. Neben der Tour entlang der Elz soll es aber auch eine Ortskernrunde geben, in die zum Beispiel das historische Rathaus, der Bahnhof und die Kirche eingebunden werden.

Moselaufwärts ging es anschließend nach Traben-Trarbach an die Mittelmosel. Die Stadt ist berühmt für ihre prächtigen Jugendstil-Villen und war einst europaweit führend im Weinhandel. Das lokale Team möchte aber eine Geschichte erzählen, die von den vielen Tourist:innen und auch von den Einheimischen meist übersehen wird. Auf den Spuren der Sponheimer soll eine Entdeckungstour ins Mittelalter entstehen. An etlichen Stellen von Trarbach findet man noch Türme, Fachwerkhäuser oder Reste der Stadtmauer. Und über allem thront die Ruine der einst mächtigen Grevenburg, Durch malerische Gassen soll der Weg auf und ab führen und unter anderem eine virtuelle Rekonstruktion der Grevenburg bieten.

Am nächsten Tag stand der Rhein im Mittelpunkt. Nachdem die Begehung in Braubach kurzfristig verschoben werden musste, ging es direkt nach Kaub. Hier könnte man zahlreiche Geschichten erzählen, etwa vom Rheinübergang des Feldmarschall Blücher 1813/14, den wir aber schon 2022 im Rahmen des „Mittelrhein-Eduventure“ erfasst haben. Nun soll es um historische Berufe gehen, die das Leben der Kauber prägten und prägen – und deshalb sogar im Stadtwappen abgebildet sind. Da sind zum Beispiel die Lotsen und Schiffer, deren Geschichte im Lotsenmuseum direkt am Rhein erlebbar wird. Und die Schiefer-Bergmänner in den vielen Gruben der Region, deren Leben seit kurzem auch in einem eigenen Museum erfasst wird. Oder die Winzer, die ebenfalls die Stadt bis heute prägen. Hinzu kommen Berufe wie etwa Zollschreiber, die mit der Lage der Pfalzgrafenstein zusammenhängen. All diese Geschichten sollen nun an ausgewählten Orten in der Stadt multimedial erzählt werden.

Nun stehen noch die Begehungen in Bad Sobernheim und Braubach aus, die gewiss ebenso spannend, lehrreich und produktiv verlaufen werden wie jene in dieser Woche. Im Anschluss werden die Objektlisten und Konzepte der Teilprojekte gemeinsam mit den lokalen Teams und den Studierenden verbindlich festgelegt und kann die Erstellung der Beiträge und der Medien beginnen. Wir freuen uns schon sehr darauf.

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