Am 2. Dezember 1764 erhielten die schlecht besoldeten Grenadiere und Husaren der ersten Garnison Hessen-Darmstadts in Pirmasens gegen den Erwerb des Bürgerrechtes die Erlaubnis einer nebenberuflichen Arbeit nachzugehen. Damit war der Startschuss für den Industriezweig gegeben, der Pirmasens zur Deutschen Schuhmetropole machen sollte. Denn die Grenadiere, ihre Frauen und Kinder begannen damit, Schuhe aus Wolle zu fertigen. 1770 wurden die Rechte der Gerber- und 1790 der Schuhmacherzunft durch Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt erteilt.

Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt legte den Grundstein für die
Schuhindustrie in Pirmasens (Bild: Ji-Elle, via Wikipedia).
Ein Jahr später siedelte der aus Offenbach stammende Wollhändler Sturmfels an, der bereits 400 Personen beschäftigte. Als Anfang des 19. Jahrhunderts die Lederpreise sanken, sorgte das zwar für den Niedergang der Wollindustrie und der aus Wolle gefertigten Schuhe, ließ aber gleichfalls die Gerbereien und Färbereien sowie die Schuhmacherbetriebe, die sich auf Lederverarbeitung verstanden, erstarken. Die bessere Qualität der Produkte vergrößerte den Absatzmarkt, Frankreich war einer der Hauptmärkte der Pirmasenser Schuhe im 19. Jahrhundert. Mit dem Wachsen der Schuhindustrie und der mit dieser verknüpften Zweige florierte auch die Stadt.

Historische Fotografie des stattlichen Firmengebäudes in der Fröhnstraße 2-8.
Die Einwohnerzahlen wuchsen, das Stadtbild wandelte sich hin zu einer regional bedeutsamen Stadt. Ebenfalls im 19. Jahrhundert entstanden nun die Schuhfabriken. Eine der bekanntesten ist die Schuhfabrik Eduard Rheinberger. Sie wurde im Jahre 1882 durch Eduard Rheinberger, Sohn eines Lehrers, gegründet. Die Firma erlebte im frühen 20. Jahrhundert einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Zeitweise war sie die größte Schuhfabrik Europas. Der Einsatz modernster Maschinen sorgte für eine große Passförmigkeit.

Modernste Maschinen, wie hier eine Radpresse zur Herstellung von Sohlen,
kamen in der Rheinberger zum Einsatz und befeuerten den Erfolg des Unternehmens.
Dazu kam, dass die gefertigten Produkte echte Trendsetter in puncto Design und modischer Aktualität waren. Schuhe der Firma Rheinberger wurden am Vorabend des Ersten Weltkrieges international bis nach Persien gehandelt. Die Gesamtproduktion belief sich 1913 auf eine Million Paar Schuhe bei einer Belegschaft von 1400 Beschäftigten. Im Laufe des 20. Jahrhunderts aber gab es immer wieder ein Auf und Ab für die Firma Rheinberger. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es nochmal zur Hochkonjunktur. Mitte der 1990er Jahre aber führten Strukturkrise und billige Schuhimporte aus dem Ausland zum Niedergang der Firma wie auch anderer großer Firmen in Pirmasens. Rheinberger musste schließen, das imposante Firmengebäude in der Fröhnstraße wurde zum Gewerbepark „Dynamikum“ umfunktioniert.
Im Teilprojekt Pirmasens werden verschiedene Orte im Stadtraum mit Bezug zur Schuhindustrie erfasst und in KuLaDig für die Nachwelt dokumentiert. Neben der Firma Rheinberger sind bereits der Schusterbrunnen, das Forum Alte Post oder die Firma Schön und Sandt in KuLaDig veröffentlicht worden, weitere folgen in Kürze. In einem kleinen 360-Grad-Rundgang kann das alte Rheinberger-Gebäude begangen werden.

Blick ins Foyer der virtuellen Tour durch die Firma Rheinberger. In den Raum wurden verschiedene Bildelemente und Medien integriert. Am Schusterbrunnen kann beispielsweise das
KuLaDig-Objekt und das Spiel „Lückentext“ angesteuert werden.
An passenden Stellen wurden bereits historische Fotos eingebunden, weitere Fotos und Filmausschnitte werden noch folgen. Zudem wird das Wissen über die Pirmasenser Schuhindustrie spielerisch in Form von Quizzen präsentiert – auch, um eine jüngere Zielgruppe neugierig zu machen. Neben einem Lückentext zur Inschrift am Schusterbrunnen gilt es zum Beispiel, die einzelnen Schritte der Herstellung eines Paars Schuhe in die richtige Reihenfolge zu bringen, historische Gebäude zu verorten oder in einem Multiple-Choice-Quiz Fragen zu Pirmasens zu beantworten. Auf diese Weise soll der 360-Grad-Raum künftig als digitaler Informationsraum und realer Aufenthaltsraum dienen. Denn die einzelnen KuLaDig-Objekte werden als Stationen in einem Rundgang durch die Stadt angeboten – und das imposante Foyer der früheren Firma Rheinberger bietet sich für eine kleine Rast und Spielphase bestens an.
Hier gelangen Sie zum KuLaDig-Objekt Firma Rheinberger.