In der Nacht vom 24. auf den 25. April 1944 wurde Römerberg-Mechtersheim bombardiert. Viele Gebäude brannten. Durch die fliegenden Funken geriet auch die protestantische Kirche in der Schwegenheimer Straße 3 in Brand. Nach kurzer Zeit stand das zwischen 1877 und 1879 errichtete Gebäude in Flammen. Der Innenraum brannte aus, schließlich erschien auch der Glockenturm wie eine brennende Fackel, die zusammenbrechende Turmhaube stürzte ins Kirchenschiff. Die Augenzeugin Maria Anna Löffler, die später in Barcelona (Spanien) lebte, schilderte aus der Erinnerung:
„Der Turm der evangelischen Kirche brannte lichterloh. Den Schlüssel hatte der Kirchendiener vorsichtshalber zum Bauern Bohlender neben der Kirche gebracht, aber die hatte es selbst schwer getroffen, keiner hatte Zeit nach der Kirche zu sehen. So konnte sich der Brand ungehindert ausbreiten. Die Wirtschaft zum Pfälzer Hof in der Schwegenheimer Straße gab es nicht mehr. Die evangelische Kirche war eine gespenstische Ruine.“

Von der evangelischen Kirche standen am Ende nur noch der Stumpf des Turms und die gemauerten Außenwände. Der Dachstuhl war ein Opfer der Flammen geworden. Der Kirchengemeinde waren vom ursprünglichen Glockengeläut aufgrund der Metallschmelze zu Munitionszwecken im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg nur ein paar Glocken erhalten geblieben. Die kleinste der drei Bronzeglocken aus dem Jahr 1879 hing nun in dem einsturzgefährdeten Kirchturm. Mit seinen Helfern konnte Karl Schehlmann diese Glocke aus dem Turm bergen. Von einem provisorischen Holzgerüst im ausgebrannten Kirchenschiff aus rief sie die Gläubigen nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin zum Gottesdienst.

„Dir, Kirche meiner Heimat, hold vertraute, Die du im Gluthauch der Verderbensmächte
In Trümmer sankst – o schrecklichste der Nächte! – Dir sei das Bild geweiht, das ich erschaute (…)“ so lauten die Anfangszeilen des ersten von zwei Gedichten, die der Mechtersheimer Pfarrer Imo Schäfer von der Ostfront, an der er als Sanitäter diente, seiner „lieben Mechtersheimer Gemeinde“ sandte. Schäfer war von der Zerstörung der Kirche und weiterer Gebäude im Ort tief getroffen.
Von 1949 bis 1952 errichtete die evangelische Gemeinde in Mechtersheim mit den in der Nachkriegszeit oft begrenzten Mitteln und großer Einsatz- und Spendenbereitschaft ihr neues Gotteshaus. Die erhalten gebliebene Glocke wurde im Oktober 1995 von Karl Schehlmann und Karl Hufft wieder neu unter dem Turm im Eingangsbereich der Kirche installiert. Sie wird manchmal bei besonderen Gedenkgottesdiensten per Hand geläutet.

Die christliche Geschichte von Tod und Wiedergeburt findet in der Protestantischen Kirche – passenderweise nun Friedenskirche genannt – ihre steinerne Entsprechung. Aus diesem Grund möchten wir mit diesem Kirchengebäude die Adventszeit und den Dezember einläuten. Unter den vielen Objekten, die 2024 in Römerberg und den drei Ortsteilen Mechtersheim, Berghausen und Heiligenstein im Rahmen unseres Landesprojekts erfasst und digital präsentiert wurden, nimmt die Kirche eine Sonderstellung ein. Handelt es sich nämlich – im Gegensatz zu Objekten wie der Malzfabrik, dem Hofgut Mechtersheimer Hof und der alten Schule – streng genommen nicht um einen Lost-Place, sondern um einen Lost/Found again-Place, da er heute noch existiert. Aber dennoch war klar, dass die Kirche mit ihrer bewegten und bewegenden Geschichte Teil dieser Objektgruppe sein muss.
In Kürze können die ca. 20 Lost Places in Römerberg im Rahmen einer Tour besucht werden, unsere Storytelling-Seiten (hier als Beispiel die Seite zu den Kriegsgedichten und zur Kirche) werden an den Standorten in Text, Bild und Multimedia (Videoclips und Audiodateien) umfassend informieren und die verlorenen Orte wieder in Teilen sichtbar machen.