In diesen Monat nehmen wir Sie mit ins Zeitalter des Barock, mit seinen gepuderten, später aufgetürmten Perücken und den ausladenden Reifröcken, in eine Zeit, in der man Wolfgang Amadeus Mozart noch selbst am Flügel sitzen und seine noch jungen Klavierstücke zum Besten geben sehen konnte. 1778 nämlich besuchte Mozart die linksrheinische (Neben-)Residenz der Fürsten von Weilburg-Nassau in Kirchheimbolanden. Fürstin Caroline hatte geladen und das nicht ganz ohne Eigennutz. Ganze 12 Mal, so schreibt das Musikgenie in einem Brief vom 04. Februar, habe er im Schloss und einmal auf der berühmten Stummorgel aus dem Jahre 1745 in der Paulskirche musiziert (siehe: www.mozartways.org).


Orgeltisch der Stumm-Orgel von 1745, auf der Mozart spielte (links) und das eindrucksvolle Gehäuse der Stummorgel als Teil des Kanzelorgelaltars in der Paulskirche, von der Fürstenloge aus gesehen (rechts).
Eine Residenzstadt braucht zur Unterhaltung des Hofes eben auch einen gewissen „Musique-Flair“. Ihr Mann kümmerte sich derweil um den Ausbau der Stadt. Dessen Vater, Fürst Carl August, hatte bereits das Residenzschloss fertiggestellt, Paulskirche, Ballhaus und Amtsstraße errichtet und somit dem Gesicht der Stadt seinen Stempel aufgedrückt. Fürst Carl Christian schloss daran an und ließ die Neue Allee und die Orangerie errichten.





Unter der Herrschaft des Fürsten Carl August von Nassau-Weilburg wurden u.a. die Paulskirche und das Ballhaus erbaut. Carl Christian ließ u.a. die Orangerie entstehen (von links nach rechts).
Die Fürsten können hinsichtlich ihrer Sozialpolitik durchaus als vorbildlich für das 18. Jahrhundert angesehen werden. Carl August erließ im Sinne der Frühaufklärung 1734 eine „Armenordnung“ und 1737 eine „Schulordnung“, die eine Schulpflicht zu bestimmten Monaten darstellte. Carl Christian sorgte für die Hinterbliebenen seiner Beamten, indem er drei Rentenkassen (für die weltlichen Beamten, die Geistlichen und die Lehrer) begründete. Um dem Betteln entgegenzuwirken, richtete er einen Armenfonds ein. Auch was die Religion angeht, zeigten sich die Fürsten von Nassau-Weilburg tolerant, allen Religionsgruppen wurden die gleichen Rechte zuteil.
Die fürstliche Zeit endete im September 1792, als französische Revolutionstruppen die Stadt einnahmen. Die fürstliche Familie – und mit ihr der gesamte Hofstaat – floh ins rechtsrheinisch verbliebene nassauische Territorium. Für die Residenz Kirchheimbolanden bedeutete dies ein abruptes Ende, zumal die französischen Truppen auch das Residenzschloss plünderten und in Brand setzten – und ein daraufhin einsetzender Bedeutungsverlust. Dennoch hat sich eine Vielzahl an steinernen Zeugen aus der „goldenen Zeit“ der Stadt erhalten und lassen Kirchheimbolanden – neben den ebenfalls vielfältigen Zeugnissen des Mittelalters oder des 19. Jahrhunderts – heute als Barockstadt erscheinen.

Fürst Friedrich Wilhelm zu Nassau-Weilburg, hier dargestellt mit seiner Familie von Johann Friedrich August Tischbein, residierte bereits nicht mehr in Kirchheimbolanden. Auch hatten sich bereits Mode, Architektur und Lebens- und Denkweisen maßgeblich geändert.
Daher verwundert es nicht, dass sich die Stadt Kirchheimbolanden mit dieser für sie so fruchtbaren Epoche für eine Teilnahme am Landesprojekt beworben hat. Neben dem Ortsbeitrag Stadt Kirchheimbolanden entstanden daher der Themenbeitrag „Barockes Kirchheimbolanden“, unser (Sammel-)Objekt des Monats Mai, und eine Vielzahl an thematisch passenden Objektbeiträgen.





Verschiedene Orte in Kirchheimbolanden an denen die Barock- und Fürstenzeit noch nachvollziehbar ist.
Das Teilprojekt aus dem Jahre 2023 ist noch nicht abgeschlossen, denn die Stadt ist momentan dabei, den einstigen barocken Charakter – insbesondere auch im Schlosspark – wiederherzustellen. Im Rahmen des Landesprojekts ist geplant, im Schlosspark (nach dessen Restaurierung) und in der Paulskirche 360-Grad-Touren zu erstellen. Im Park beispielsweise sollen diese als 360-Grad-Drohnenaufnahmen einen Vergleich mit historischen Karten und Ansichten erlauben. In der Paulskirche könnten musikalische Einspielungen ausgewählter Mozartstücke ergänzt werden, die einstmals den eindrucksvollen Kuppelbau durchströmten. Auch eine Einbindung und Rückverortung von Objekten im Museum im Stadtpalais wäre denkbar. Wir werden Sie wie immer auf dem Laufenden halten.