Objekt des Monats November: Altes Haus in Bacharach

„Das Alte Haus in Bacharach ist eines der bekanntesten und ältesten Häuser im Welterbe Oberes Mittelrheintal. Mit seiner pittoresken Form ist es sicherlich auch eines der am meisten fotografierten. Im Kern bereits erbaut im Jahr 1391, erhielt es seine heutige Gestalt durch den Anbau des markanten Erkers im Jahr 1586. Unzählige Gemälde und Bilder haben das Alte Haus als Motiv geprägt, auch Schriftsteller und Musiker wurden von dem unverwechselbaren Gebäude inspiriert. Verschont von den Zerstörungen der Kriege und Stadtbrände, wurde das malerische Alte Haus zum Inbegriff rheinischer Romantik. Das Gebäude wurde in den Jahren 2015 – 2019 mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz umfassend saniert.“

Das Alte Haus in Bacharach (Nicolai von Astudin, 1923 – Reproduktion einer Künstler-Postkarte)

Mit diesen Worten beschreibt Thomas Merz, ein ausgewiesener Kenner des Welterbes Oberes Mittelrheintal, das eindrucksvolle Fachwerkhaus in der Oberstraße 61 in Bacharach, unser Objekt des Monats November. Ein Schild neben der alten Holztüre verrät, dass der Komponist Robert Stolz (1880-1975) nach einer weinfreudigen Nacht im Kreise seiner Freunde hier zu seiner Operette „Wenn die kleinen Veilchen blühn“ inspiriert wurde. Eine Theaterkulisse, angeglichen an das Alte Haus, wurde geschaffen und tourte im Rahmen der Operetten-Aufführungen durch verschiedene deutsche und internationale Theater. Dies verhalf dazu, dass das Gebäude zu einer Bacharacher Sehenswürdigkeit von überregionaler Bekanntheit avancierte.

Das Lied zum Alten Haus hängt im Gastronomiebereich im Erdgeschoss (Bilder: Büro viriditas)

Eine Sehenswürdigkeit mit gewissen Einschränkungen. Denn obwohl einige Räume des als Weinhaus genutzten Gebäudes für die Gastronomie geöffnet waren und sind, stehen natürlich nur ausgewählte Räume einer zahlenden Kundschaft offen. Aus diesem Grund war es Thomas Merz und seinem Büro viriditas ein Wunsch, digitale Einblicke auch in andere Räume des bezaubernden Hauses zu ermöglichen.

„Wir haben das prominente Gebäude als Modell für unseren Virtuellen Rundgang gewählt, um ein Objekt, das normalerweise der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, auf diese Weise zu präsentieren. Zugleich möchten wir die Möglichkeiten aufzeigen, die ein „Digitaler Zwilling“ bietet, um erlebnisorientiert umfassend über ein Kulturdenkmal zu informieren. Die Besitzerin Reni Weber hat uns dankenswerterweise ihre Türen geöffnet, um dieses faszinierende Gebäude zu dokumentieren. Entstanden ist ein einzigartiger virtueller Rundgang, der den besonderen Reiz der Rheinromantik lebendig werden lässt.“

Es öffnet sich die Türe zum „digitalen Zwilling“ des Alten Hauses. Die Ringe auf dem Boden markieren die einzelnen Positionen, zu denen man sich bewegen kann (Bild: Büro viriditas)

viriditas präsentiert den virtuellen Rundgang durch das Alte Haus – anders als die Panorama-Tour von Bacharach zur Ruine Stahlberg, die mit vr-easy umgesetzt wurde – mit der Anwendung Matterport. Diese ist bekannt für besonders hochauflösende Bilder. Somit kann man sich die zur Abwechslung menschenleeren urigen Gaststättenräume in aller Ruhe erschließen und sogar Fotografien genau betrachten.

Selbst die Bildunterschrift dieses im Alten Raum hängenden Kupferstiches kann man lesen, wenn man nahe genug herantritt (Bild: Büro viriditas)

Die Applikation MPskin erweitert die Funktionalität des mit einer Laserkamera aufgenommenen Rundgangs. Neben den Gasträumen können im Virtuellen Rundgang auch einige der normalerweise nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Räume in den Obergeschossen des gut gesicherten und dokumentierten Kulturdenkmals besucht werden. Was ist alter und was ist neuer Baubestand? Wie lebt es sich in einem Kulturdenkmal? Welche Persönlichkeit lebten einst und leben heute hier? All diese Fragen und sicher noch weitere werden eröffnet und bieten Spielraum für persönliche Auseinandersetzungen mit diesem Thema und verschiedene Deutungen. Die Geschichte des Alten Hauses wird fortgeschrieben.

Einblicke in die Privaträume eröffnen Interpretationsspielraum: Wie lebt es sich in einem Kulturdenkmal und wer lebte hier? (Bilder: Büro viriditas)

Die virtuelle Tour durch den Ort und durch das Haus sind miteinander verknüpft, so dass man sich quasi grenzenlos im virtuellen Bacharach bewegen kann – auch bei einem Besuch vor Ort. Zudem sind an den Gebäuden Informationen zur Geschichte und Funktion abgelegt. Der zurzeit entstehenden KuLaDig-Objekteinträge sowie die in Bacharach produzierten Videoclips – Ergebnisse aus der Arbeit im KuLaDig-RLP-Teilprojekt 2024 – sollen künftig auch in diesen Touren eingebettet werden.

Drohnenübersicht über Bacharach und die Stationen der 360-Grad-Tour durch den Ort (Bild: Büro viriditas)

Aufgrund der breiten lokalen Sachkenntnis und solcher beeindruckender digitaler Angebote hat das Landesprojekt KuLaDig-RLP mit dem Büro viriditas eine Kooperationsvereinbarung getroffen, insbesondere im Hinblick auf das Teilprojekt „KuLaDig-RLP meets BUGA 2029“. Künftig werden die verschiedenen Expertisen von Projektteam und viriditas zusammengeführt, um weitere Objekte und Orte im Oberen Mittelrheintal digital aufzubereiten und deren Geschichte(n) zu erzählen.

Titelbild: William England, Views on the Rhine, um 1868: Maison Rustique à Bacharach – Das Original liegt in Neuwied: Fürstlich Wiedisches Archiv.

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