Von Musizierenden, Visionären und Verfolgten – die Themen unserer Modellkommunen 2025

Erstmalig haben wir mit unserer Ausschreibung für die Modellkommunen 2025 neue Wege beschritten und einen thematischen Fokus gesetzt, nämlich auf biografische Zugänge. Eine Fülle spannender Bewerbungen ging bei uns ein. Sechs Kommunen überzeugten uns so sehr, dass wir sie nun bei der Umsetzung der Konzepte unterstützen. Die Begehungen dieser Kommunen fanden im Mai und Juni statt, viele spannende Eindrücke und Ideen konnten wir dabei gewinnen, sodass die Konzepte in den anschließendem Videokonferenzen weiter geschärft und deren inhaltliche wie mediale Umsetzung konkretisiert wurden. Nun beginnt mit den Besuchen der studentischen Teams die Medienproduktion.

Stadt Alzey: „Alzey fidel – ein musikalischer Stadtrundgang in X Tönen“

In Alzey soll im Innenstadtbereich ein Stadtrundgang mit mehr als ein Dutzend Stationen entstehen,
an denen sich die Musikgeschichte Alzeys über biographische Zugänge vermitteln und zum Tönen bringen lässt. Dabei wird ein Zeitraum von der römischen Antike über das Mittelalter bis in die Gegenwart durchschritten. Es begegnet uns dabei der Minnesänger Volker von Alzey, aber auch der mittelalterliche Pfeifer und Spielleute-König Werner von Alzey. Wir treffen auf die Orgelbauerfamilie Stumm, die im 18. Jahrhundert für alle drei christlichen Konfessionen ca. 400 Orgeln fertigte und werden mit der zerstörten jüdische Synagoge konfrontiert. Im 20. Jahrhundert kann die Stadt sogar mit einem singenden Bürgermeister, dem früheren Innenminister Walter Zuber, und einem türkischen Musikstar, dem in Alzey geborenen Popmusiker Tarkan, aufwarten. Zentrum des Rundgangs und der Audiotour wird der Schlosshof sein, in dem jedes Jahr das Musikfestival stattfindet.

Stadt Bernkastel-Kues: „Spuren des Universalgelehrten Nikolaus von Kues in Bernkastel-Kues“

Im Jahre 1401 wurde in Kues (heute Bernkastel-Kues) der Universalgelehrte Nikolaus von Kues (auch bekannt als Nikolaus Cusanus) geboren. Er ging als bedeutender deutscher Theologe, Philosoph, Mathematiker und Kardinal der katholischen Kirche in die Geschichte ein. Die durch ihn angestoßenen Reformen veränderten Kirche und Papsttum nachhaltig, so dass Kues, ein Verfechter des inneren religiösen Erlebens, als katholischer Vorgänger zu Martin Luther angesehen werden kann. Viele seiner Ansichten waren revolutionär und sind bis heute aktuell. An neun Standorten in Bernkastel-Kues soll das Wirken und Denken des Gelehrten Cusanus beleuchtet und dargestellt werden, indem der vor 20 Jahren eingerichtete Rundgang medial erweitert wird. Highlights sind das Geburtshaus sowie das Cusanus-Stift, die ihre eigene Aura entfalten. Durch einen spielerischen Umgang mit Sprache, Bildern und dem Einsatz von neu zu schaffenden Formaten/Medien sollen die verschiedenen Themen auf dem Ortsrundgang erlebbar gemacht und mit audiovisuellen Informationen vertieft werden.

Stadt Hamm (Sieg): „Erinnern an die Opfer der Shoa“ (Stolpersteine und Orte des jüdischen Glaubens)

In Hamm (Sieg) lebten einst viele jüdische Familien. Diese Menschen, die vor den 1930er Jahren gut in die Gemeinde integriert waren, erlitten mit Hitlers Machtübernahme soziale Ausgrenzung, Anfeindungen, Gewalt bis hin zur Deportation – falls nicht zuvor die rechtzeitige Flucht gelungen war. Viele tragische Familienschicksale lassen sich an den einstigen Wohnhäusern sowie am Standort der ehemaligen Synagoge und dem etwas abgelegenen jüdischen Friedhof erzählen. Der Stadt und der Bevölkerung ist die Erinnerung an die jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen, die Opfer des Nationalsozialismus wurden, ein wichtiges Anliegen. Im Teilprojekt wird daher ein digitaler Rundweg zu Hamms jüdischer Geschichte angelegt. Dazu soll der bereits bestehende Stolperstein-Weg um jüdische Wohnhäuser ohne diese Kennzeichnung zu zwei verschieden langen Rundwegen verbunden werden. Der längere schließt den jüdische Friedhof mit seiner besonderen Atmosphäre und seinen steinernen Zeugnissen ein und gibt Informationen zum jüdischen Brauchtum.

Stadtteil Koblenz-Horchheim: „Lebenswege und Spuren der Familie Mendelssohn in Horchheim“

Im Jahre 1818 erwarb der Bankier Joseph Mendelssohn in Koblenz-Horchheim ein Landhaus und Gut. Dieser Schritt brachte frischen Wind in das zuvor landwirtschaftlich geprägte Dorf. Das Verhältnis der Mendelssohns zu den Einheimischen war von Wohlwollen und Unterstützung geprägt; sie boten Arbeitsplätze in Landwirtschaft und Weinbau und halfen Bedürftigen, was ihnen großen Respekt unter den Horchheimern einbrachte. Besonders während der Sommermonate, vor allem zur Weinlesezeit, wurde das Gut zu einem Zentrum kulturellen Austauschs, das von berühmten Persönlichkeiten wie dem Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und dem Naturforscher Alexander von Humboldt besucht wurde. Der vielleicht berühmteste Spross der Familie, Felix Mendelssohn-Bartholdy, komponierte sogar drei Musikstücke mit Bezug zum Koblenzer Stadtteil. Vom Museum der Horchheimer Heimatfreunde aus kann man künftig auf den Spuren der Mendelssohns wandeln und an Audiostationen in deren Zeit eintauchen.

Stadt Neustadt an der Weinstraße: „Spuren des Wegbereiters der Europäischen Gemeinschaft Robert Schuman in Neustadt“

Robert Schuman, Wegbereiter der Europäischen Gemeinschaft, war vom 13. April 1941 bis 1. August 1942 in Neustadt an der Weinstraße durch die Gestapo in Hausarrest / Haft gesetzt worden. Aufgrund einer glücklichen Fügung war er jedoch nicht in den Zellen der heutigen Gedenkstätte für NS-Opfer, dem Gestapo-Keller, inhaftiert, sondern im Haus Kohler nahe dem Herz-Jesu-Kloster. Schuman wurden durch den örtlichen Gauleiter Josef Bürckel, der diesen für die NS-Ideologie zu gewinnen hoffte, bemerkenswerte Freiheiten eingeräumt. So durfte er allein Spaziergänge unternehmen, beispielweise zum nahegelegenen Kloster, bis ihm schließlich die Flucht nach Frankreich gelang und er sich einer Untergrund-Freiheitsbewegung anschloss. In Neustadt sollen nun Orte und Objekte mit Bezug zu Schuman in einem „Freigang mit Robert Schuman“ erlebbar gemacht werden. Audio- und Filmsequenzen werden die textlichen Informationen ergänzen.

Ortsgemeinde Zeiskam: „Aus dem Dorf in die Weltgeschichte“

Das selbstbewusste Motto der kleinen Pfälzer Ortsgemeinde Zeiskam rückt ausgewählte Biografien und Schicksale aus verschiedenen Epochen ins Schlaglicht. Im Jahre 1310 fand hier in der Komturei die Hochzeit Johanns von Luxemburg mit Elisabeth von Böhmen statt, den Eltern von Kaiser Karl IV., dem einflussreichsten europäischen Herrscher seiner Zeit. Hier findet man aber auch das mittlerweile zum Weltkulturerbe ernannte Kanalsystem der Queichwiesen, das einst vom „Bachschütz“ verwaltet wurde. Der aus Zeiskam stammende Jacob Francois Marulaz stieg Anfang des 19. Jahrhunderts als General zum Nationalhelden der französischen Armee auf und ist heute am Arc de Triomphe verewigt. Es geht aber auch um Opfer des Nationalsozialismus, die durch ihre Lebensgeschichte als Deutsche, die nicht ins System passten, Aufschluss über den nationalsozialistischen Staatsterror geben. Auf diese Weise lädt Zeiskam zu einer vielseitigen Zeitreise und zum Nachdenken ein, ganz getreu dem Motto der Bewerbung.

Jetzt im Sommer erfolgt die Medienproduktion durch die studentischen Teams in Zusammenarbeit mit den kommunalen Teams. Zeitgleich werden alle Dokumente in der Cloud gesammelt und die Beitragstexte für die KuLaDig-Objekte verfasst. Ab Herbst erfolgt dann der Feinschliff an Medien und Texten, damit erste Ergebnisse gegen Jahresende präsentiert werden können.

Atmosphärische Eindrücke von den Begehungen und den spannenden Objekten geben auch unsere Videoclips im Instagram-Kanal des Projekts und der Koblenzer Kulturwissenschaft.

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