Objekt des Monats November: Malzfabrik Römerberg

Manchmal ist es erstaunlich, wie Gebäude, die mit ihrer Größe und Bedeutung einen ganzen Ort prägten, in kurzer Zeit verschwinden können. Manchmal bleibt dann nichts übrig, außer die schwindende Erinnerung – schwindend, weil diese an eine bestimmte Generation geknüpft ist – und vielleicht noch ein Straßenname. In unserer Modellkommune Römerberg ist dieser Verlust von materiellem Kulturgut an gleich mehreren Orten zu beobachten. Daher überrascht es nicht, dass sich die Kommune mit dem Rahmenthema „Lost Places von Römerberg“ für eine Teilnahme im Landesprojekt beworben hat. Mit unserem Objekt des Monats, der ehemaligen Malzfabrik im Ortsteil Berghausen, möchten wir auf den wohl auffälligsten dieser Lost Places verweisen. Um die 60 Meter ragten die Hochsilos in die Höhe und dienten auch als von weiter Distanz aus gut sichtbare Landmarken.

Plan des Gebäudebestands der Firma Schragmalz in Römerberg-Berghausen vor dem Abriss, 1991.

Neben diesen visuellen Aspekten aber besaß diese Fabrik auch für die Menschen in Römerberg und Umgebung eine wichtige Bedeutung. Als eine der größten Mälzereien in Deutschland bot sie vielen im Ort eine solide Arbeit und verhalf Römerberg zu einem gewissen Bekanntheitsgrad, kamen doch immer wieder auch Besucher und Delegationen hierher, um das Werk zu besichtigen. Das alles prägte sicher auch ein Gefühl von Verbundenheit und Stolz der Menschen mit ihrer Fabrik.

Arbeiter der Malzfabrik beim Schaufeln des Malzes (links), Otto Schrag wird beim Jubiläum geehrt (rechts).

Diese Verbundenheit kam im Jahre 1968 zum Ausdruck, als die Firma ihr 100-jähriges Jubiläum feierte und der Geschäftsführer, Otto Schrag, mit der Ehrenbürgerwürde bedacht wurde. Dieses Ereignis aber markierte auch den Wendepunkt und nach dem Tod von Otto Schrag 1971 und mehrmaligem Besitzerwechsel wurde 1980 die Produktion heruntergefahren. Mit der Demontage und dem Verkauf des nur wenige Jahre zuvor (1971) montierten Opti-Mälzers war das Schicksal der Malzfabrik beschlossen. 1991 wurde der Betonkoloss gesprengt. 1000 Tonnen Betonschutt und Metallschrott wurden abgefahren, Keller wurden verfüllt. An dem Ort, an dem einst die Malzfabrik stand, befindet sich heute ein Wohngebiet.

Privataufnahmen von der Sprengung der Malzfabrik 1991.

Wie gelingt ein virtuelles Auferstehen der Malzfabrik?

Bereits in der Vergangenheit haben wir Objekte, die einst eine herausragende Bedeutung für ihre Umgebung hatten, in unseren Teilprojekten behandelt. In Zweibrücken (Modellkommune 2019) haben wir das traditionsreiche Landgestüt in KuLaDig erfasst. Herausfordernd war für uns der Umstand, dass die heutigen Gebäude zum größten Teil neueren Datums sind und wir aber auch den Blick auf die einstigen Gebäude, ihre Geschichte(n) und Funktion(en) lenken wollten. Auf diese Weise gingen wir stets vom Ist-Zustand aus und betrachteten aber auch mit Hilfe einer historischen Karte, was sich einst dort befunden hatte.

Alter Plan zum Vergleich des Landschaftswandels und erläuternde Bildunterschrift am Beitrag des Landgestüts Zweibrücken.

In Dattenberg (Modellkommune 2020) wurde der Basaltsteinbruch De Broch als KuLaDig-Objekt abgebildet, der den Menschen bis zu seiner Stilllegung im Jahre 1978 mehr als hundert Jahre lang als Hauptarbeitgeber diente. Dieser Ort ist zweifelsohne noch vorhanden, dennoch aber schwindet seine Bedeutung gerade auch bei den jüngeren Menschen, insbesondere deshalb auch, weil der Zutritt zum Steinbruch untersagt ist.

In Dattenberg sind bereits künstlerisch gestaltete Infostationen rund um den Steinbruch installiert worden.

In Römerberg möchten wir alle gemachten Erfahrungen nun in der Umsetzung des Teilprojekts einfließen lassen und dazu einen bunten Strauß an Medien nutzen, um die Lost Places für die Menschen nachvollziehbar zu machen. Es handelt sich neben der Malzfabrik unter anderem um ein altes Schlachtfeld, ehemalige Ziegeleien, die Absturzstelle eines amerikanischen Bombers und auch Wirtshäuser wie den Aubacher Hof. Wie bereits erwähnt kommt der Malzfabrik eine besondere Rolle zu, die sich auch in der Sichtbarmachung im Ort ihren Ausdruck finden soll. Geplant ist nämlich, dass wir verschiedene Rekonstruktionsansichten produzieren lassen und diese an einer geeigneten Sichtachse mittels Glasscheibe verfügbar machen.

Ein Mitglied des kommunalen Teams verdeutlicht bei der Begehung 2024 anhand einer historischen Fotografie, wie sich das erste Gebäude in Römerberg, in dem Malz verarbeitet wurde, mit der Zeit gewandelt hat.

In KuLaDig sollen dann am Objekt noch weitere Medien präsentiert werden, beispielsweise auch ein Videoclip mit Mitschnitten, die von verschiedenen Personen aus Römerberg bei der Sprengung des Gebäudekomplexes im Jahr 1991 gemacht worden sind. Diese Amateurfilme sind besonders wertvoll und sollen mit neuem Material, beispielsweise Erinnerungen an die Sprengung, ergänzt werden.

Screenshot unserer zweiten Ausspielungsplattform, die nochmal eine andere Präsentation der Inhalte erlaubt

Um den vielen Medien gerecht zu werden und eine zielgruppenspezifische Nutzung zu erlauben, haben wir zu diesem Objekt auch eine zweite Seite auf unserer WordPress-Domain angelegt, auf der eine andere Text-Medien-Mischung möglich ist, aber natürlich auch auf das KuLaDig-Objekt verwiesen wird. So möchten wir es mit allen Objekten der Tour Lost Places in Römerberg handhaben, die in Kürze ebenfalls verfügbar sein werden.

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