Objekt des Monats März: Wollfabrik C. Haan & Söhne in Moselkern

Um die neun Meter stieg das Wasser des Elzbaches innerhalb eines Tages. Der Bach trat aus seinem angestammten Bachbett heraus und überschwemmte das Elztal. An diesem Tag – Weihnachten – im Jahr 1993 endete der Betrieb der Wollfabrik C. Haan & Söhne in Moselkern und damit eine Ära. Gegründet im frühen 19. Jahrhundert durch den Koblenzer Kaufmann Christian Haan, vereinigte die Fabrik alle Arbeitsschritte der Stoffherstellung und reichte vom Weben, Spinnen, Färben und Walken bis hin zum fertigen Schnitt der Stoffe und Tuche. Bis zu 350 Beschäftigten gab diese Fabrik in ihrer Blütezeit um 1900 Arbeit und hatte damit einen großen Anteil an der Prosperität von Moselkern und der Region. Produziert wurde auch Material für die Armee (Decken für Soldaten oder Pferde), so dass auch zu Kriegszeiten der Betrieb sehr gut lief. Zuletzt wurden auch Autositzbezüge produziert.

Ansicht der Haanschen Wollfabrik in Moselkern. Die Gebäude verfügen zu diesem Zeitpunkt noch über intakte Dächer (1999; Bild: Ingeborg Scholz)

Der älteste Gebäudeteil stammt noch aus dem Jahr 1810, wurde dann mit der Zeit um weitere Gebäudeteile erweitert. Das gesamte bebaute Areal umfasst heute um die 6.000 Quadratmeter. Von Anfang an wurde der Elzbach gezielt genutzt: Die Kraft des Wassers trieb Wasserräder an, die wiederum verschiedene Maschinen in Gang setzten.

Josef Weckbecker aus Moselkern zur Geschichte der ehemaligen Wollfabrik (2023).

Das Ende des Betriebs hatte auch für die Ortsgemeinde gravierende Auswirkungen. Mit dem Wegfallen der vielen Arbeitsplätze verließen auch viele Menschen Moselkern, die Bürgerschaft des Ortes verlor somit viele Mitglieder. Zahlreiche Versuche, den Betrieb wieder zu aktivieren, wurden unternommen, blieben jedoch erfolglos. Dennoch sucht die Ortsgemeinde weiterhin nach Möglichkeiten einer sinnvollen Nachnutzung der Anlagen – bis hin zur Idee, hier mittels Elzbach Wasserenergie herzustellen. Aktuell wird ein Teil der Gebäude mit ihrer besonderen Aura für Festivitäten genutzt.

Ortsbürgermeister Peter Mayer aus Moselkern über die Bedeutung der Wollfabrik (2023).

Die ehemalige Wollfabrik mit ihrer besonderen Atmosphäre bildet ein Herzstück der Objekte in Moselkern, die im Rahmen unseres Teilprojekts für KuLaDig erfasst werden. Um vielfältige Einblicke in das Gebäude zu geben, haben wir neben den beiden Videoclips mit Wissensträgern auch eine 360-Grad-Tour durch die verschiedenen Hallen und Räume erstellt.

Screenshot der 360-Grad-Tour durch die ehemalige Wollfabrik, hier aus dem Inneren einer der Produktionshallen.

Als Beispiel dafür, wie man früher das Wasser des Elzbaches zu nutzen wusste, repräsentiert die Wollfabrik das Rahmenthema der Ortsgemeinde „Leben entlang des Elzbachs“. Eine thematische beschilderte Tour soll im Elztal entstehen und von Moselkern bis zur Burg Eltz von Weinbau und Landwirtschaft bis hin zur Wollfabrikation von der Verbundenheit der Menschen in Moselkern mit dem Bach erzählen. Weitere Objekte werden in Kürze freigegeben.

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