Name: Hartwig Humbert
Funktion: Rentner, Hobbyhistoriker, Buch- und Zeitungsautor, Mitglied des Vereins für Heimat- und Brauchtumspflege in Römerberg e. V.
Persönliches Motto: Geschichte entdecken, Spuren folgen, Wissen lebendig halten.
Hintergrund: Geboren bin ich in der Domstadt Speyer und im „Zwiebeldorf“ Zeiskam aufgewachsen. Die Schule mit abschließendem Abitur besuchte ich in der ehemaligen Festungsstadt Landau. Seit über 40 Jahren wohne ich in Römerberg. Beruflich war ich als Lehrer für Pflegeberufe tätig.
Schon als Teenager fand ich Interesse an Familienforschung und sammelte über viele Jahre Daten und Informationen über die eigene Verwandtschaft. Für das Rentenalter nahm ich mir vor, ein Ortsfamilienbuch über mein Heimatdorf Zeiskam zu erstellen, dessen Fertigstellung durch die sozialen Einschränkungen in der Corona-Zeit sehr weit gediehen war.
Durch die Arbeit in den Archiven entdeckte ich jedoch sehr viele weitere Aspekte der Ortsgeschichte. Ein Schwerpunkt bildete dabei auch die Zeit der NS-Herrschaft, die Entdeckung von Tätern und Opfern in der dörflichen Umgebung. Neben Beiträgen in der Lokalpresse führten diese Recherchen 2022 zu der Veröffentlichung des Quellenlesebuchs „Im Konflikt mit dem Staat – Zeiskamer Bürger in der Zeit des Nationalsozialismus“.
2024, im Jubiläumsjahr „1250 Jahre Zeiskam“, veröffentlichte ich wöchentlich einen kurzen historischen Bericht im örtlichen Amtsblatt. Zudem konnten wir eine archäologische Ausstellung mit Funden in der Gemarkung von der Jungsteinzeit bis zur Neuzeit präsentieren.
Nach der 2024 positiv beschiedenen Bewerbung meines Wohnorts Römerberg als KuLaDig-Modellkommune wurde ich durch Bürgermeister Matthias Hoffmann und den Heimatvereinsvorsitzenden Thomas Sartingen angesprochen, ob ich bereit wäre, bei der Erstellung der Beiträge mitzuarbeiten. Dabei waren meine Zeitungsbeiträge sowie die 2009 von mir erstellte Chronik der Protestantischen Kirche im Ortsteil Mechtersheim bereits bekannt. Nun hat sich in diesem Jahr mein Heimatort Zeiskam als KuLaDig-Modellkommune erfolgreich beworben. Auch bei diesem Projekt bin ich in der Arbeitsgruppe.

Leiterin der Landesarchäologie Speyer, Bettina Hünerfauth.
Projektbeteiligungen
Aus dem Gefühl heraus, dass in den drei Römerberger Ortsteilen Berghausen, Heiligenstein und Mechtersheim aus dem Mittelalter und der Neuzeit wenig Vorzeigbares erhalten geblieben ist, jedoch viele geschichtliche Ereignisse das Leben in diesen Dörfern geprägt hat, wurde entschieden, sich unter dem Titel „Lost Places“ (Verlorengegangene oder verschwundene Orte) zu bewerben und darin zwölf ehemalige Gebäude und Ereignisse darzustellen. Neben den umfangreichen Veröffentlichungen der Brüder Bernd und Klaus Lohrbächer in Buchform sah der Verein für Heimat- und Brauchtumspflege in Römerberg e.V. mit Unterstützung des Gemeinderats im KuLaDig-RLP-Projekt eine weitere Möglichkeit, die Geschichte Römerbergs darzustellen. Durch die digitale Bereitstellung alten Wissens können historische Aspekte anschaulich und moderner Form zugänglich gemacht werden.
Die Anzahl der Lost Places werden sich bis zum Abschluss des Projekts auf zwei Dutzend verdoppelt haben. Mit einer Reihe von Zeitzeugen konnten Interviews geführt werden, ein eindrucksvolles Denkmal anlässlich eines Bomberabsturzes am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde errichtet, die Steine eines Frankengrabs konnten an seinem ursprünglichen Fundort wieder aufgerichtet werden, die Silhouette eines früher sehr imposanten Malzfabrik-Turms wird auf einer transparenten Glasplatte wiedererstehen.
Im Rahmen der Römerberger Projektarbeit entstand die Situation, bei der die Landesarchäologiestelle in Speyer auf einen seit 125 Jahren stillgelegten Friedhof aufmerksam gemacht wurde, auf dem mehrere Einfamilienhäuser gebaut werden sollten. Dadurch konnten eine Reihe von aufgefundenen Skeletten gesichert und für weitere Forschungen erhalten werden.
Spannend war das KuLaDig-RLP-Angebot der Gamification, also die Idee, geschichtliche Aspekte auch spielerisch zugänglich zu machen. Daraus entstanden bisher zwei Memorys zu Einzelprojekten und ein umfangreicherer Multiple Choice-Quiz über ganz Römerberg. Im Zeiskamer KuLaDig-Projekt entwickelte sich unter dem vorgegebenen Thema „Lebenswege der Geschichte – eine biografische Spurensuche“ das Vorhaben, Dorfbewohner, die prägende Entwicklungen und Lebensläufe in historischem Geschehen aufzeigen, darzustellen. Ein Schwerpunkt sind Personen, die unter der nationalistischen Herrschaft zu leiden hatten. Ein weiterer Aspekt werden u.a. Biografien von Zeiskamern in der französischen Zeit Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts sein.

Was bedeutet Ihnen kulturelles Erbe? Warum ist es für Sie so wichtig, sich dafür zu engagieren?
Geschichtliche Ereignisse, gerade im örtlichen Bezug, zeigen uns, was Generationen vor uns, und damit unsere eigene Entwicklung geprägt hat. Die Umgebung, in der wir leben und aufwachsen, erinnert uns an die Vielfältigkeit an Erfahrungen, die eine Dorfgemeinschaft formt und zusammenführt. Erinnerungen an Bauwerke und Orte, an Menschen und Geschehnisse, müssen für kommende Generationen wach und lebendig gehalten werden. In unseren Archiven schlummern Sammlungen, zu dem viele Menschen keinen Zugang finden. Dafür ist es mir wichtig, dieses Material aufzubereiten und zugänglich zu machen.

Was machen Sie konkret zur Bewahrung oder Präsentation des kulturellen Erbes?
Wie bereits beschrieben versuche ich durch Zeitungsartikel und Buchveröffentlichungen historisches Geschehen lebendig zu präsentieren. Im nächsten Jahr wird unser Zeiskamer Team Führungen im Dorf anbieten.
Durch mein Interesse an den geschichtlichen Themen ist ein gewisse digitale Sammelleidenschaft entstanden. Problem dabei ist, wie die Fülle des Materials an den Mann / an die Frau gebracht wird, und wie dies bei der zur Verfügung stehenden Zeit, ja auch der verbliebenen Lebenszeit, geschehen kann.

Welche Erfahrungen haben Sie während Ihrer Projektarbeit gemacht?
Die Umsetzung der gesamten Projektberichte hat sehr viel Spaß gemacht. Die tatkräftige Unterstützung durch Florian Weber war sehr fruchtbar und erfolgreich.
Inspirierend sind auch die Vielzahl der anderen KuLaDig-Projekte und das Engagement andere Projektgruppen, was einen ermutigt, an der selbst gestellten Aufgabe weiterzuarbeiten. Sehr hilfreich empfand ich auch die Unterstützung durch die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) in Speyer, sowohl durch Bettina Hünerfauth bei der archäologischen Ausstellung in Zeiskam und seitens David Hissnauer bei der Sicherung des alten Friedhofs in Mechtersheim als auch der Wiedererrichtung des Frankengrabs.

Wie geht es weiter nach dem Projektende?
Wenn alle Römerberger Projekte online stehen, wird unsere Arbeit noch nicht zu Ende sein. Zur Zeit entstehen Infotafeln mit kurzen Beschreibungen, die an den Lost Places aufgestellt werden, und bei denen mit QR-Codes ausführliche Informationen abgerufen werden können.
Im Anschluss werden wir eine KuLaTour-Radtour durch gesamt Römerberg und drei KuLaTouren zu Fuß durch die einzelnen Ortsteile entwickeln und begleitet anbieten.
Die Lost Places werden jedoch nicht die einzigen KuLaDig-Projekte bleiben. Darzustellen sind auch noch vorhandene Gebäude mit Geschichte, die Kirchen, Weg- und Feldkreuze, aber auch und gerade auch menschliche Schicksale von Römerbergern in der NS-Zeit.
In Zeiskam ist jetzt bereits ein Radweg angedacht, der die einstige Johanniterkomturei und die ehemalige Ordensmühle verbindet mit Ordensniederlassungen in Speyer und dem Herrenhof in Mußbach. Zudem bestehen nach Weissenburg in Frankreich Ordensbeziehungen. Es warten also neben den historischen Biografien noch viele Schätze, die noch gehoben werden müssen.
Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?
Ich hoffe, dass ich bald mein Ortsfamilienbuch fertigstellen und den Bewohnern von Zeiskam anbieten kann. Weitere kleinere Projekte sind schon im Hinterkopf präsent. Möge mir meine Tatkraft noch lange erhalten bleiben.
Ein Gedanke zu “Kulturelles Erbe hat viele Gesichter – Folge 7: Hartwig Humbert”