Objekt des Monats Oktober: Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen

In Rheinland-Pfalz, ungefähr zwischen Wirges im Westerwald und dem Mittelrheintal, wurde einst ein Tonvorkommen gefunden, das zu den größten in ganz Europa gezählt werden kann. Diesen „Schatz“ im sogenannten Kannenbäckerland machten sich die Menschen früh zu Nutze und bereits im 15. Jahrhundert lässt sich eine kontinuierliche Keramikherstellung in dieser Region ausmachen. Im 18. Jahrhundert jedoch nahm die Keramikproduktion eine bis dahin nicht gekannte Dimension ein. Die markant in Blau-Grau gehaltenen Töpferwaren, genannt Westerwälder Steinzeug, fand in Kannen, Töpfen und Vorratsgefäßen, aber auch in Dekorelementen seinen Ausdruck.

Keramik bestimmt bis heute das Stadtbild in Höhr, sogar bei den Namen der Gaststätten (links hinten)

Noch heute zeugen hunderte von Keramiken dieser Art in verschiedenen Museen, beispielsweise im Rijksmuseum in Amsterdam, von der Massennutzung der Westerwälder Erzeugnisse in den Niederlanden. Auch die braunen mit einem Korken verschließbaren Flaschen und Krüge avancierten zu Massenprodukten, die neben den nahegelegenen Heil- und Mineralwasserzentren, ebenfalls internationale Verbreitung fanden. Nicht zuletzt sind die Tonpfeifen zu nennen, die im 17. Jahrhundert in Deutschland, England und den Niederlanden zum Tabakkonsum genutzt wurden und heute noch als traditionelles Accessoire der Sankt-Martins-Weckmänner beliebt sind.

Im Museum werden u.a. die vielfältigen Nutzungskontexte sowie der Verbreitungsraum erläutert (Bild: Helge Articus).

Um diesem kulturhistorisch bedeutsamen Thema und seinen Objekten einen zentralen Ort zu geben, wurde 1972 in Höhr-Grenzhausen die Initiative zur Gründung eines Museums gestartet. Der Museumsgründung war der Zusammenschluss verschiedener Keramikproduzenten und Kenner im Verein Dokumentationszentrum Kannenbäckerland e.V. vorausgegangen. Sie alle einte die Begeisterung für den Werkstoff Ton und die Auffassung, dass das Wissen um die jahrhundertelange Geschichte von Ton-Abbau und Nutzung als Welterbe den Menschen langfristig verfügbar gemacht werden müsse. Ein erstes Museum wurde im Jahr 1976 vom Westerwaldkreis unter der Trägerschaft des Förderkreises Westerwald für Kunst und Kultur e.V. gegründet. Zunächst kam es in der Schillerschule in der Rathausstraße 131 im Stadtteil Grenzhausen unter. Es versammelte Bestände aus dem ehemaligen Kreisheimatmuseum in Montabaur und aus dem Besitz der Stadt Höhr-Grenzhausen.

Da die Ausstellung schnell wuchs, sollte die Sammlung ein eigenes Gebäude bekommen. Das Gelände dafür fand sich gegenüber der Glasveredlungsfirma Rastal und wurde von deren Inhaber und Geschäftsführer Werner Sahm zur Verfügung gestellt. Die Trägerschaft wechselte in die Hände des Westerwaldkreises. Dieser arrangierte mit Hilfe des Architekten Hermann Scheubert das neue Gebäude mit einer Fläche von etwa 2500 Quadratmetern. Im Jahr 1982 wurde das Keramikmuseum Westerwald, unser Objekt des Monats Oktober, in einem bemerkenswerten Gebäude eröffnet, dessen Grundriss die Form eines aufgeklappten Fächers aufweist.

Das Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen (Bild: Annette Zeischka-Kenzler)

Das Keramikmuseum Westerwald bietet nicht nur einen Überblick über Geschichte, Nutzungsformen und Verbreitung. Es ist mit vielen Aktionen zu einer überregional bedeutsamen Stätte für die Verbindung von Werkstoff und Kunst geworden. Auch tönerne Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler können im Museum besichtigt werden und zeugen davon, dass in der Region, insbesondere in Höhr-Grenzhausen, Keramikbearbeitung auch ganz modern betrieben wird, beispielsweise in verschiedensten Zweigen der Keramikindustrie und -Forschung, deren regionales Zentrum Höhr-Grenzhausen ebenfalls ist. Diese verdeutlichen, dass Fein-Keramik in vielen hochkomplexen Maschinen und auch in der Chirurgie einen Nutzen findet und eine Grundlage für zukünftige Verwendungsformen bietet.

Über die Museums-Webseite oder unseren kuLaDig-Beitrag gelangt man in den 360-Grad-Rundgang durch das Museum (Bild: Keramikmuseum Westerwald).

Im Jahr 2020 nahm die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen als Modellkommune im Landesprojekt KuLaDig-RLP teil. Verschiedene Orte und Objekte zum Thema Keramik wurden für KuLaDig erfasst. Neben dem Keramikmuseum Westerwald sind das diverse Keramikmanufakturen, wie u.a. die Betriebe Merkelbach, Marzy & Remy oder Böhmer aber auch Keramiken im Stadtraum oder der Hochschulstandort WesterWaldCampus als der keramische Zweig der Hochschule Koblenz in Höhr-Grenzhausen, der auf dem Gebiet der Chemie, aber auch der Kunstwissenschaft mit der Universität Koblenz kooperiert.

Hier geht es zu unserem Objekt des Monats. Titelbild: Matthias Brand.

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