Museum – allein der Begriff ruft bei den meisten ganz unterschiedliche Gefühle hervor. Vielen werden die durch die Eltern oder Lehrer aufgezwungenen, oft ermüdenden Besuche in Erinnerung rufen, andere denken an erhebende „Begegnungen“ mit rätselhaften, aus ihrem eigentlichen Kontext herausgerissenen Objekten und Werken. In unserem Landesprojekt stellen Museen, in der Regel Heimat- oder Fachmuseen, regelrechte Glücksfälle und immer hilfreiche wie kompetente Partner für uns dar, die über Jahrzehnte hinweg schon wertvolle Arbeit im Sammeln, Dokumentieren und Vermitteln von Kulturgeschichte geleistet haben. Viele Mitarbeitende im Museum standen uns bei der digitalen Erfassung von lokalem kulturellem Erbe mit ihrem Fachwissen zur Verfügung.

Im Teilprojekt Idar-Oberstein (2022) unterstützte uns das Team des Deutschen Edelsteinmuseums Idar Oberstein bei der Umsetzung der Themengruppe (Bild: Jürgen Cullmann).
Manchmal können wir den Museen etwas zurückgeben, denn viele der Einrichtungen haben – nicht erst seit Corona – mit erschwerten Bedingungen zu kämpfen. Zu nennen wären: Beschränkung der Öffnungszeiten und somit der Sichtbarkeit, da es am zumeist im Ehrenamt tätigen Personal mangelt. Auch fehlt es vielen Häusern an einer digitalen Komponente, um die Wissensvermittlung in einer zeitgemäßen multimedialen und aktuellen Nutzungsbedürfnissen angepassten Art zu ermöglichen.
Im Landesprojekt haben wir erstmals 2019 mit einem Museum, dem „Flößer- und Schiffermuseum Kamp-Bornhofen“ zusammengearbeitet. Als 2020 aufgrund der Corona-Pandemie alle öffentlichen Einrichtungen ihre Türen auf damals unbestimmte Zeit schlossen, überlegten wir gemeinsam mit den Partner:innen aus dem Ort, wie man das Museum und seine Bestände auch digital sichtbar und erlebbar machen kann. Es wurden 360-Grad-Aufnahmen in den Ausstellungsräumen gemacht, aus denen wir mithilfe der Software vr-easy einen interaktiven 360-Grad-Wissensraum schufen. Wesentliches Merkmal der Umsetzung ist, dass man nicht nur einen Eindruck der Räume und Objekte bekommt und diese selbständig „erforschen“ kann, sondern, dass man auch mithilfe von Bildern, Videos, Textboxen und Weblinks weitere Informationen bereitstellt.

Blick in das virtuelle Flößer- und Schiffermuseum Kamp-Bornhofen. Neben Fotografien und Videos sind auch KuLaDig-Objekte eingebunden.
Ein Jahr später, 2021, folgte das Grubengebäude Riegelstein im ehemaligen Abbaugebiet Erdekaut bei Eisenberg. Dieses Fachmuseum war nach Stilllegung der Grube im einstigen Funktionsbau entstanden. Unsere Partnerin im Projekt Eisenberg arbeitete selbstständig in vr-easy und verortete die Vielzahl an (historischen) Videos, Bildern und Dokumenten an den passenden Stellen. Hier zeigt sich ein Vorteil des Digitalen, dass nämlich Videos und Audios, beispielsweise die Anekdoten von Zeitzeugen oder das Geräusch einer Säge, hier ganz unmittelbar sichtbar gemacht werden können, während im realen Museumsraum solche Einbindungen teure Bildschirme, Lautsprecher usw. bräuchten.

Im virtuellen Grubengebäude Riegelstein steigern u.a. das Geräusch einer Säge oder teils historische Videos von Bergleuten bei der Arbeit das Museumserlebnis.
Ebenfalls 2021 wurde das Dorfmuseum in Helferskirchen in 360-Grad abgebildet und zu einem auch virtuellen Museum ergänzt. Von Rezepten in Textboxen bis hin zu Videoclips mit Zeitzeug:innen gibt es nun einiges zur Ortsgeschichte zu entdecken, beispielweise auch die Videodokumentationen des seit 2012 organisierten Oral-History-Projekts „Helferskirchen – was früher war, heute erzählt“, in denen Menschen aus dem Ort ihr Wissen zu alten Bräuchen und Handwerken preisgeben.

Das virtuelle Dorfmuseum in Helferskirchen lädt zum Stöbern ein und bietet – in eingebundenen Videoclips – das vergangene Wissen älterer Generationen aus dem Ort.
Auf der Burg Lichtenberg wurde 2023 das gesamte riesige Burggelände zu einer interaktiven und multimedial ausgestatteten Wissenslandschaft generiert. Auch die beiden auf der Burg eingerichteten Museen, das Urweltmuseum GEOSKOP und das Musikantenland-Museum, wurden integriert. Bei dem Musikantenland-Museum zeigt sich der Vorteil eines virtuellen Museums besonders gut, da nicht nur Medien aus dem Museum selbst, sondern auch aus anderen Museen genutzt werden, beispielsweise aus dem Westpfälzer Musikantenmuseum in Mackenbach. Demnach konnten Videoclips, die in Mackenbach zum Thema Westpfälzer Wandermusikantentum produziert wurden, nun auch im virtuellen Museum auf der Burg Lichtenberg eingefügt werden. Ein weiterer Vorteil von virtuellen Museen ist, dass sie einen bestimmten Ausstellungsturnus dokumentieren. Das Museum wird nämlich in Kürze neu konzipiert und auch verändert. Mithilfe der virtuellen Ausstellung aber können auch alte Ausstellungen weiterhin verfügbar bleiben.


Sowohl das Urweltmuseum (links), als auch das Musikantenland-Museum (rechts) auf Burg Lichtenberg haben bereits ihre Ausstellungsflächen neu konzipiert.
Ganz aktuell wird im Teilprojekt Mutterstadt (2024) gemeinsam mit dem kommunalen Team eine digitale Variante des Museums für Ortsgeschichte im historischen Rathaus konzipiert. Die 360-Grad-Fotografien wurden bereits in den Ausstellungsräumen gemacht und zu einer 360-Grad-Tour zusammengestellt.


In einem nächsten Schritt geht es nun darum, diesen virtuellen Raum mit Informationen anzufüllen, beispielsweise zum Skelett eines unbekannten Römers, das in der Umgebung gefunden wurde. Sicher finden auch die im Teilprojekt in Studierendenbeteiligung gedrehten Videoclips, beispielsweise mit Zeitzeug:innen zur Reichspogromnacht, in dieser Umsetzung Verwendung.
Fazit: Virtuelle Museen sind mehr als digitale Rundgänge
Virtuelle Museen und Ausstellungen mit 360-Grad-Fotografie bieten gleich mehrere Vorteile: Sie ermöglichen Einblicke auch außerhalb der Öffnungszeiten und vermitteln die besondere Atmosphäre des Ortes, laden Besucher:innen zum selbstgesteuerten „Flanieren“ ein, erlauben das Einbinden verschiedenster Medienformate, dokumentieren einen bestimmten Ausstellungsstand und sprechen, aufgrund ihrer interaktiven Möglichkeiten eine breite Zielgruppe an. Der häufig vorgebrachte Vorwurf an virtuelle Museen, sie würden Besucher:innen davon abhalten, das Museum auch persönlich und real zu besuchen, hat sich als Mythos erwiesen. In der Tat führen die Einblicke eher dazu, Neugier zu entfachen und zum Besuch zu animieren. In der Regel wurden die Umsetzungen mithilfe der Anschubfinanzierung aus dem Projektbudget geleistet – eine Investition, die sich schon vielfach amortisiert hat.