Kulturelles Erbe hat viele Gesichter – Folge 6: Nele van Wieringen

Steckbrief

Name: Dr. Nele van Wieringen

Funktion: Museumsleiterin Keramikmuseum Westerwald

Persönliches Motto:

„Wir stehen auf Ton.“ – Mein Motto und meine Mission

Unser Museumsmotto „Wir stehen auf Ton“ ist für mich Programm. Ich verstehe Keramik als materielle DNA unserer Region und setze mich dafür ein, dass sie sowohl als historisches Erbe als auch als Inspiration für zeitgenössische Kunst erlebbar ist. Als Teil der UNESCO Creative City Höhr-Grenzhausen sehe ich im kulturellen Erbe eine Basis für Identität und Kreativität. Im Museum zeigen wir nicht nur historische Stücke, sondern geben auch jungen Künstlern eine Bühne – etwa durch Absolventenausstellungen und Wettbewerbe wie der international renommierte Westerwaldpreis. Für mich ist klar: Um die Zukunft zu gestalten, muss man wissen, auf wessen Schultern man steht.

Hintergrund:

Seit 2018 leite ich das Keramikmuseum Westerwald – ein Ort, der für mich Tradition und zeitgenössische Kunst verbindet. Mein Weg führte mich von den Niederlanden über Italien zum Institut für Künstlerische Keramik und Glas der Hochschule Koblenz in Höhr-Grenzhausen, wo ich nicht nur studierte, sondern auch promovierte. Meine Doktorarbeit, eine Kooperation mit der Kunstuniversität Linz, beschäftigte sich mit der kunsttheoretischen Auffassung der Farbe in der Keramik. Heute sehe ich Keramik als viel mehr als nur Handwerk: Sie ist für mich ein analoger Datenträger unserer Kulturgeschichte.

Nele van Wieringen beim Kannofenbrand (Bild: Helge Articus).

Warum mir kulturelles Erbe am Herzen liegt

Keramik erzählt Geschichten – über Menschen, Handwerk, Innovation und Alltagskultur. Als Teil der historischen Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz sehe ich im kulturellen Erbe eine Basis für Identität und Kreativität. Es geht mir darum, dass wir stolz auf unsere Wurzeln sind und gleichzeitig offen für Neues bleiben. Nur so können wir aus der Vergangenheit lernen und die Zukunft gestalten.

Was ich konkret tue: Bewahren, Vernetzen, Gestalten

Ich engagiere mich im Dachverband Industriekultur RLP, um das industrielle Erbe unserer Region sichtbarer und erlebbarer zu machen. Wir lassen die Geschichte der Industrie und des Handwerks aufleben und erforschen sie.

Vier Kernziele stehen im Fokus:
 • Sichtbarkeit: Das industrielle Erbe ist kaum präsent, obwohl es flächendeckend – besonders im ländlichen Raum – existiert. Mit unser Webseite https://industriekultur-rlp.de möchten wir die Industriekultur in RLP sichtbar machen.
 • Netzwerk: Unser Dachverband soll Vernetzung, Fördermittelakquise und länderübergreifende Kooperationen (z. B. mit dem Bundesverband Industriekultur und ERIH) ermöglichen.
 • Forschung: Industriekultur wird in der Forschung leider noch zu wenig wahrgenommen, obwohl sie interdisziplinäre Themen bietet. Wir möchten sowohl akademische Forschung als auch Bürgerwissenschaft („Citizen Science“) unterstützen.
 
• Teilhabe: Kulturelles Erbe soll für alle zugänglich sein, unabhängig von Alter, Herkunft oder Bildung. Partizipative Projekte und niedrigschwellige Angebote sind uns wichtig. Ziel ist, das industrielle Erbe als identitätsstiftenden Teil der Landesgeschichte zu etablieren. 

Ein konkretes Beispiel ist meine Unterstützung für das KuLaDig-RLP-Teilprojekt „Höhr-Grenzhausen“ im Jahr 2020. Dort wurden historische Orte der Keramikverarbeitung digital erfasst und auf der Plattform KuLaDig öffentlich zugänglich gemacht. Im Fokus stand die digitale Erfassung historischer Keramikstandorte – von noch aktiven Betrieben bis zu längst geschlossenen Werkstätten. Durch die Veröffentlichung auf der Plattform KuLaDig wird dieses Stück Industriegeschichte bewahrt und für alle zugänglich gemacht.

Nele van Wieringen ist auch im 360-Grad-Rundgang durch das Keramikmuseum Westerwald zu sehen.

Mein Wunsch für die nächsten Jahre

Ich wünsche mir, dass Höhr-Grenzhausen als UNESCO Creative City noch größere internationale Ausstrahlungskraft bekommt und dass wir alle vor Ort unser einzigartiges kulturelles Erbe mit Stolz und Leidenschaft leben. Der Schlüssel zum Erfolg liegt, historisch bewiesen, in der Zusammenarbeit kreativer Köpfe und in der Verbindung von Handwerk, Kunst und Technik auf innovative Weise. Diese Mischung hat uns stark gemacht und wird uns auch in Zukunft weiter voranbringen.

Weiterführende Links: Keramikmuseum Westerwald.

Bildnachweis: Titelbild: Porträt Nele van Wieringen von Janos Wlachopulos.

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